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Im Jahr 1810 wurde in Kassel die Gießerei Henschel & Sohn gegründet. Sie stellte zunächst vor allem Dampfmaschinen her. 1837 entstand ein Werk am Holländischen Platz – dort, wo sich heute die Universität befindet. Ab jetzt verlagerte das Unternehmen die Produktion auf das damals neue, zukunftsträchtige Verkehrsmittel: auf die Eisenbahn. Der Aufstieg der Henschelwerke in Kassel ist damit eng verknüpft mit der Geschichte der Industrialisierung in Deutschland.

Mit der Firma Henschel verbindet sich aber auch die Geschichte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft: Wie schon im Ersten Weltkrieg stellte Henschel im Zweiten Weltkrieg Rüstungsgüter her, von Panzern bis zu Eisenbahnen. Diese wurden auch in den besetzten Gebieten Osteuropas verwendet; sie waren Instrument der Vernichtungsmaschinerie, der Millionen Menschen zum Opfer fielen. Tausende von Zwangsarbeitern aus zahlreichen europäischen Staaten ließ die Firma Henschel in ihren Betrieben arbeiten. "Die Rampe", das 1985 eingeweihte Mahnmal an der Moritzstraße, erinnert an die Verschleppung und Ermordung von Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Im Jahr 2010, beim 200. Jubiläum der Firma Henschel, wurden daher nicht nur die unternehmerischen Leistungen und sozialen Errungenschaften des 19. Jahrhunderts angesprochen, vielmehr wurde auch an die Belastungen der Firmengeschichte erinnert. Daraus ging der Wunsch nach einer historischen Aufarbeitung und nach der Errichtung eines Mahnmals hervor, um an die politische und moralische Verantwortung der Wissenschaft zu appellieren. Die Universität Kassel schloss sich der Idee an und entwickelte gemeinsam mit dem Asta das Konzept eines "Weges der Erinnerung".

Der "Weg der Erinnerung" beginnt vor dem Gebäude K10 an der Henschelstraße und führt über das ehemalige Gelände der Firma Henschel am Holländischen Platz. Drei in die Bodenpflasterung eingelassene Kreise sind geplant, sie weisen auf frühere Drehscheiben hin, die zum Rangieren der Lokomotiven auf dem Firmengelände dienten. Stahlbänder sollen diese Steinkreise verbinden, da einst auch auf dem gesamten Firmengelände verschiedene Schienenstränge verlegt waren. Tafeln am "Weg der Erinnerung" sollen auf frühere Funktionen der Gebäude hinweisen. Die Universität hat in diesem Zusammenhang die alten K-Bezeichnungen wieder in die offiziellen Gebäudebenennungen aufgenommen – die Initiale "K" verwies auf den Henschel-Standort Kassel.

Der "Weg der Erinnerung" ruft die Geschichte des Missbrauchs von Wissenschaft und Technik ins Gedächtnis zurück. Er erinnert an die Teilhabe von Wissenschaftlern aller Fachrichtungen und Disziplinen an der ideologischen und praktischen Vorbereitung der nationalsozialistischen Verbrechen. Der Weg endet vorerst bei der "Rampe". Künftig soll er von den Universitätsgebäuden am Holländischen Platz zu den neuen Gebäuden auf dem Campus Nord führen. Hier wird ein Mahnmal entstehen, das auch für die Zukunft an die Verantwortung der Wissenschaft beim Umgang mit Forschungsergebnissen und bei der Nutzung von Technik appelliert.